Die wichtigsten Erkenntnisse der Cannabis Business Europe

Frankfurt, Juni 2021

Nach einer langen Zeit ohne größere Veranstaltungen in Europa hatte die internationale Cannabis-Community endlich Mal wieder die Chance, sich zur “Cannabis Business Europe” im exklusiven Dorint Hotel bei Frankfurt zu treffen. Die Veranstaltung fand an zwei Tagen, vom 22. bis 23. Juni, statt und war auf 200 Teilnehmer und 50 Referenten begrenzt. Trotz der hohen Hygienevorschriften hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, sich zu vernetzen, Ideen auszutauschen und neue Partnerschaften zu entwickeln.

Es gab viele spannende Vorträge, die etwas mehr Klarheit in diese, besonders in Europa, noch unterentwickelte Branche brachten. Daher möchte ich hier meine wichtigsten Erkenntnisse für alle Liebhaber von medizinischem Cannabis teilen, die es diesmal nicht nach Frankfurt geschafft haben:

Der europäische Rechtsrahmen

Tjalling Erkelens, CEO von Bedrocan, machte uns auf die Situation rund um den Brexit aufmerksam und thematisierte, wie plötzlich britische Patienten aufgrund der politischen Veränderungen ihren Zugang zu medizinischem Cannabis verloren haben. Ab 2018 konnten britische Patienten CBD-Öl in niederländischen Apotheken kaufen, nach dem Brexit war dies jedoch nicht mehr der Fall, und viele Patienten mussten die Produkte über weniger autorisierte Wege erwerben.

Erkelens befürwortet eine Harmonisierung der Cannabis Gesetze in ganz Europa, weist jedoch darauf hin, dass wir schon einmal klar harmonisierte Regeln hatten, als Cannabis Medizin in ganz Europa verboten war. Wir sollten uns also nicht nur auf die Harmonisierung der Gesetze konzentrieren, sondern auch auf den Inhalt der Gesetze, die den Sektor regeln. Schließlich bekräftigt er, dass wir ohne höhere Qualitätsvorschriften beim Anbau, pharmagerechte Standards und das Wohlbefinden der Patienten nur schwer gewährleisten können.

Peter Homberg, Partner der internationalen Anwaltskanzlei Dentons, hebt hervor, dass auf europäischer Ebene in Bezug auf medizinisches Cannabis nur folgende Gesetze harmonisiert sind: die UN Single Convention on Narcotic Drugs von 1961, GACP-Standards für den Anbau und GMP-Standards für die Prozesse nach der Ernte. Alle anderen Gesetze rund um medizinisches Cannabis sind innerhalb der EU nicht harmonisiert, obwohl bereits 2017 eine Resolution unterzeichnet wurde, um sich auf einen gemeinsamen Rahmen zur Regulierung des gesamten medizinischen Cannabismarktes zu einigen.

Der Markt

Die meisten vortragenden deutschen Cannabis Großhändler sind sich einig, dass der europäische Cannabismarkt nicht so schnell wächst, wie es die Prognosen vermuten ließen. Die herausfordernde Pandemie-Situation und der komplexe europäische Regulierungsrahmen sind häufig genannte Ursachen für dieses Defizit.

Giadha deCarcer, die Geschäftsführerin des Cannabis Intelligence Dienstes New Frontier data, veranschaulichte jedoch mit einer Grafik über die weltweiten Ausgaben in bestimmten Branchen, dass Cannabis bereits einen sehr großen Einfluss hat. Sie verglich die jährlichen globalen Ausgaben für Cannabis mit 408 Mrd. US-Dollar, die hinter Tabak mit 785 Mrd.

US-Dollar, Fast Food mit 617 Mrd. US-Dollar und Bier mit 593 Mrd. US-Dollar, aber bereits vor TV & Video mit 325 Mrd. US-Dollar und Wein mit 302 Mrd. US-Dollar liegen. Cannabis hat nicht nur das Potenzial, diese Industrien aufzumischen, sondern sie auch an Popularität zu überholen. Die Daten wurden über die letzten 5 Jahre gesammelt und beziehen sich auf die jährlichen globalen Ausgaben in den jeweiligen Kategorien. Die europäische Cannabisbranche befindet sich noch in der Anfangsphase und hat ein hohes Wachstumspotenzial.

Die größten Transaktionen, die die medizinische Cannabisindustrie in diesen Tagen prägen, waren die Fusion von Canopy / Acreage, die das erste amerikanische Konglomerat mit einer kombinierten Marktkapitalisierung von 17 Mrd. US-Dollar+ schuf, die Fusion von Tilray / Aphria, die das größte Cannabisunternehmen der Welt mit einer kombinierten Marktkapitalisierung von 8,2 Mrd. US-Dollar entstehen ließ, und die strategische Investition von Flora Growth, um der bevorzugte Lieferant von Hoshicap Portugal zu werden.

Investition in Cannabis

Finn Age Hänsel, der insgesamt 60 Mio. € für die Sanity Group eingesammelt hat, teilte seine wertvollen Einblicke in das Fundraising für europäische Cannabis-Startups. Es gibt immernoch viele Bedenken für Investoren, in medizinische Cannabisunternehmen zu investieren: Das regulatorische Umfeld ist in Europa nach wie vor unklar und das Marktwachstum ist viel langsamer als erwartet. Abgesehen davon haben auf der anderen Seite des Teiches kanadische Partnerschaften die Investoren mit sehr positiven Prognosen enttäuscht und hinzu kommen einige Cowboy-Unternehmen die den Markt überschwemmen. Nicht zuletzt leidet Cannabis in Europa immer noch unter einem massiven Reputationsproblem und in vielen Fällen unterscheiden die Unternehmen nicht wirklich zwischen dem medizinischen, Freizeit- und Wellness-Geschäft. Dazu kommt die Verwunderung, dass eine ganze Industrie, um eine Pflanze herum aufgebaut sein kann.

Auf der Kehrseite gibt es jedoch noch mehr gute Gründe, warum Investoren in den Cannabisbereich investieren sollten: Jeden Monat gibt es irgendwo auf diesem Planeten eine neue Regierung, die Cannabis zu medizinischen Zwecken oder zum Freizeitgebrauch legalisiert. Es gibt einen riesigen weltweiten Trend hin zu natürlicher Gesundheit und Wohlbefinden und Cannabis hat das Potenzial, viele große Industrien wie Pharma, Tabak, Alkohol und Kosmetik ordentlich aufzumischen. Darüber hinaus sind Cannabis-Unternehmer in Europa ihrer Zeit immer noch voraus und der Sektor ist und wird weiterhin unterkapitalisiert bleiben, solange das Stigma der letzten Jahrzehnte über die Pflanze nicht überwunden werden kann.

Extrakte und Darreichungsformen

Unter den deutschen Großhändlern bereiten sich viele auf Cannabis 2.0 vor, was bedeutet, dass sie nicht nur rauchbare Blüten an Apotheken liefern möchten, sondern auch an Extraktrezepturen und besser dosierbaren Produkten arbeiten. Stefan Feuerstein, CEO von AMP, spricht sich für eine stärkere Verwendung von Extrakten. Er begann seinen Vortrag mit einer Erklärung, dass die Verwendung von Cannabisextrakten in der Medizin historisch gesehen schon immer von großer Bedeutung war. Heutzutage machen sie mit 4 % jedoch nur einen kleinen Teil des deutschen Cannabis-Pharmamarktes aus, im Vergleich zu 75 % in Australien, wo die Erforschung von Cannabisextrakten in den letzten Jahren stark vorangetrieben wurde.

Auch Sebastian Kamphorst, Geschäftsführer von Becanex, vertraut darauf, dass der Extraktmarkt im Kommen ist. Mit seinem Unternehmen ist er in der Lage, die wachsende CBD-Pharma-, Lebensmittel-, Getränke- und Kosmetikindustrie mit ihren speziellen Extraktformulierungen zu bedienen. Seinen Studien zufolge machen sich die Kunden vor allem Gedanken über Qualität, Dosiergenauigkeit, Verunreinigungen, Konsistenz, Geschmack und den rechtlichen Status rund um CBD Produkte.

Ganz zum Schluss möchte ich mich bei den Organisatoren der Cannabis Business Europe bedanken, dass sie in diesen herausfordernden Zeiten eine so tolle Veranstaltung ausgerichtet haben. Die Cannabisindustrie freut sich darauf, Ende August 2021 wieder in Berlin auf der ICBC zusammenzukommen.


Geschrieben von Daniel Kunisch, Gründer von Trade Green Consulting. Wir internationalisieren Hanfprodukte in Europa und helfen medizinischen Cannabis Unternehmen bei ihrer Markteintrittsstrategie.

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